Schon frühzeitig findet die Fotografie zu ganz eigenen, medienimmanenten Bildlösungen. Bewegungsstudien, wie sie erstmals von E. Muybridge realisiert wurden, sind in der Ausstellung mit Aufnahmen von Mata Hari vertreten. Dazu wurde aus einer Reihe von Einzelbildern, die der Tänzerin als Carte-de-Visite dienten, die ursprüngliche Sequenz rekonstruiert. Letztendlich basieren auch die Aufnahmen von Anthony Blunt noch auf Muybridges Vorbild. Technik ermöglichte dem Fotografen die präzise Wiedergabe des schnell wechselnden Mienenspiels des bekannten Kunsthistorikers, der kurz zuvor als letzter der Spione im Philby-Kreis entlarvt worden war. Das Resultat ist eine psychologische Studie von großer Intensität.

Traditionellerweise richtet sich die Portraitfotografie nicht nur in ihren Anfängen nach den aus der Malerei bekannten Kompositionsschemata. Hier wie dort unterscheidet man je nach Anzahl der Dargestellten zwischen Einzel- und Gruppenbildnissen. Diese sind wiederum - um nur einige zu nennen - unterteilt in en face- (frontal) oder Profildarstellungen, in Privat- und Repräsentationsportraits, in Künstler-, bzw. Selbstportraits und Familien- oder Freundschaftsbilder. Selbst Tiere, vorzugsweise Pferde und Hunde, sind häufig Motive bekannter Portraitisten. So stieg im England des 18. Jahrhunderts der Pferdemaler George Stubbs zu einem der bestbezahlten Künstler seiner Zeit auf. Und, um auf das Gebiet der Fotografie und in die Gegenwart zurückzukehren, William Wegman arbeitet ausschließlich mit seinen eigenen Hunden, die er in verschiedenen szenischen Arrangements portraitiert.

Die Ausstellung "Portraits - Ein Rundgang durch 100 Jahre Fotografie", zusammengestellt aus den Beständen der Hulton Getty Collection, dokumentiert auf einzigartige Weise die Geschichte der Fotografie und des Fotojournalismus und gibt so dem Betrachter die umfassende Gelegenheit, in Gesichtern zu lesen. next